Schnellantwort: Nobody ist der Größte ist ein ambitionierter Italowestern von 1975 mit Terence Hill (OHNE Bud Spencer!), produziert von Sergio Leone. Trotz grandioser Kulissen, Ennio Morricones Score und Klaus Kinskis Cameo scheitert der Film an der fehlenden Balance zwischen Komödie und Drama. 6.5/10
Wenn man „Nobody ist der Größte“ hört, denkt man sofort an „Mein Name ist Nobody“ – den legendären Western mit Terence Hill und Henry Fonda von 1973. Und genau darauf hat man damals in Deutschland spekuliert: Der Titel suggeriert eine Fortsetzung, ist aber in Wahrheit ein völlig eigenständiger Film. Sergio Leone produzierte, Ennio Morricone komponierte, Klaus Kinski hatte einen Gastauftritt – auf dem Papier perfekt. Aber manchmal reichen selbst die größten Namen nicht aus, um einen Film zu retten.
Worum geht’s in Nobody ist der Größte?
1975 war ein interessantes Jahr für Italowestern. Das Genre steckte in der Krise, die goldenen Zeiten von Leone und Corbucci waren vorbei. Und dann kam dieser Film: „Un genio, due compari, un pollo“ – zu Deutsch: „Ein Genie, zwei Kumpane und ein Trottel“. Der deutsche Verleihtitel „Nobody ist der Größte“ war reines Marketing, um an den Erfolg von „Mein Name ist Nobody“ anzuknüpfen. Clever? Ja. Ehrlich? Nicht wirklich.
Was macht diesen Film besonders? Es ist Terence Hills erster großer Solo-Western nach dem Mega-Erfolg der Spencer/Hill-Prügelkomödien. Keine Fausthiebe, keine Bohnen-Witze, keine Slapstick-Nummern. Stattdessen wollte man einen intelligenten Heist-Movie im Western-Gewand drehen – eine Art „Der Clou“ zu Pferd. Das Konzept war ambitioniert: Ein charismatischer Trickbetrüger, der mit zwei Partnern einen korrupten Kavallerieoffizier übers Ohr haut und dabei auch noch die Rechte der amerikanischen Ureinwohner verteidigt.
Die Story folgt Joe Thanks (Terence Hill), einen smarten Gauner, der zusammen mit dem Franzosen Lokomotive Bill (Robert Charlebois) und dessen Freundin Lucy (Miou-Miou) plant, 300.000 Dollar vom skrupellosen Major Cabot (Patrick McGoohan) zu stehlen. Das Geld war eigentlich für Indianerland bestimmt, wurde aber unterschlagen. Der Plan ist komplex, involviert gefälschte Identitäten, militärische Täuschungen und jede Menge Doppelspiel. Soweit die Theorie.
Die Serengeti des Wilden Westens
Gedreht wurde in Monument Valley, Utah – der ikonischen Kulisse unzähliger Western-Klassiker von John Ford bis Sergio Leone. Die Kamera von Giuseppe Ruzzolini fängt diese roten Felsformationen und weiten Ebenen atemberaubend ein. Man sieht jeden Dollar, der in die Produktion geflossen ist (auch wenn das Budget nie offiziell veröffentlicht wurde). Zusätzlich drehte man am San Juan River und in Almería, Spanien – der Standard-Location für Italowestern.
Die Story: Komplex wie ein Schweizer Uhrwerk – und genauso fragil
Joe Thanks ist ein Meisterbetrüger, der mit seinem Partner Bill und dessen Freundin Lucy eine ausgeklügelte Masche plant. Major Cabot, der Kommandant eines Cavalry-Forts, hat 300.000 Dollar unterschlagen, die eigentlich für den Landkauf der Indianer vorgesehen waren. Joe will das Geld zurückholen – nicht aus reiner Nächstenliebe, versteht sich, sondern weil er dabei selbst ein hübsches Sümmchen abgreifen kann.
Der Plan: Joe und Bill geben sich als hochrangige Militärofficiere aus und täuschen Cabot vor, dass sein Fort auf wertlosem Land steht. Sie bieten ihm einen „Deal“ an – einen Landtausch, der Cabot angeblich zum reichen Mann machen würde. In Wahrheit ist das neue Land genauso wertlos, aber das merkt Cabot erst, als es zu spät ist. Zwischendurch gibt es eine Postkutschen-Verfolgungsjagd, Schießereien, eine Liebesgeschichte und eine große Explosion am Ende.
Das Problem? Die Story ist zu kompliziert für ihre eigene Gute. Regisseur Damiano Damiani – bekannt für ernste, politische Thriller wie „Ein Geniestreich“ (1970) – wollte einen intelligenten Film drehen. Aber Italowestern funktionieren am besten, wenn sie simpel und visuell sind. Leone hat das verstanden. Damiani nicht. Sergio Leone selbst sagte später, dass Damiani zwar ein hervorragender Drama-Regisseur sei, aber „keinen Humor“ habe. Und das merkt man dem Film in jeder Szene an.
Die Besetzung: Hochkarätig auf dem Papier
Hauptdarsteller
Terence Hill – Joe Thanks / „Nobody“
Deutsche Stimme: Thomas Danneberg
Terence Hill trägt den Film komplett alleine auf seinen Schultern – keine Spur von Bud Spencer. Er spielt Joe Thanks als charismatischen Trickbetrüger mit dem typischen Hill-Grinsen, aber man merkt, dass ihm die komödiantische Chemie fehlt, die er mit Spencer hatte. Sein Charakter bleibt merkwürdig blass, trotz allem Charme.
Klaus Kinski – Doc Foster
Der Wahnsinn in Person! Klaus Kinski hat nur eine 30-minütige Eröffnungssequenz, aber er stiehlt jedem die Show. Als falschspielender Doc Foster liefert Kinski eine elektrisierend intensive Performance ab – man sieht ihm die Gefahr in jedem Blick an. Das anschließende Duell mit Terence Hill ist einer der Höhepunkte des Films. Schade, dass Kinski danach verschwindet.
Miou-Miou – Lucy
Die französische Schauspielerin spielt die Freundin von Lokomotive Bill und bringt eine interessante europäische Coolness in den amerikanischen Western. Ihre Chemie mit Hill ist solide, aber die Liebesgeschichte wirkt aufgesetzt und lenkt eher vom Hauptplot ab.
Patrick McGoohan – Major Cabot
Der britische Charakterdarsteller (bekannt aus „The Prisoner“) spielt den rassistischen, geldgierigen Kavallerieoffizier mit eiskalter Präzision. McGoohan ist ein würdiger Bösewicht und gibt dem Film die nötige Schärfe. Sein Dialog über Buzzards, die er mit Menschenfleisch füttert, ist herrlich makaber.
Robert Charlebois – Lokomotive Bill / Steam Engine Bill
Der kanadische Sänger und Schauspieler spielt Hills Partner Bill und versucht, die Bud Spencer-Lücke zu füllen. Funktioniert nur bedingt – Charlebois fehlt Spencers Präsenz und Timing. Die Dynamik zwischen Hill und Charlebois ist okay, aber nie magisch.
Deutsche Synchronisation
Die deutsche Synchronfassung unter der Leitung von Rainer Brandt (Dialogbuch und -regie) ist solide. Thomas Danneberg liefert als Standardstimme von Terence Hill die gewohnte Qualität ab. Interessant: Im Original heißt Hills Charakter „Joe Thanks“, und der Film spielt mit Wortspielen auf „no thanks“ (nein danke). Diese Wortwitze gehen in der deutschen Synchro komplett verloren, da er einfach „Nobody“ genannt wird – ein weiterer Versuch, die Verbindung zu „Mein Name ist Nobody“ zu suggerieren. Die Synchronisation entstand bei der Deutschen Synchron Filmgesellschaft mbH & Co. Karlheinz Brunnemann Produktions KG in Berlin.
💬 Legendäre Zitate aus Nobody ist der Größte
In ein paar Minuten wirst du einer der totesten Männer sein, die jemals gelebt haben.
Original (EN): „In a couple of minutes, you’re going to be one of the deadest men who ever lived.“
Diese Stadt ist ein einziger langer Sonntagnachmittag.
Original (EN): „This town’s one long Sunday afternoon.“
Man sagte mir in der Stadt, Sie seien daran interessiert, Geier zu schützen?
Original (EN): „They told me in town you were interested in protecting buzzards?“
Das tue ich. Ich füttere sie mit dem Fleisch von Leuten, die in mein Büro kommen und mich zu ihrem eigenen Vergnügen belästigen.
Original (EN): „I am. I feed them the flesh of people who come into my office and bother me for their own amusement.“
Ich hoffe, du wirst nicht meine Blütenblätter pflücken.
Original (EN): „I hope you won’t pick my petals.“
Technische Details & Produktion: Leone’s Schatten
Hinter „Nobody ist der Größte“ steckt eine faszinierende und gleichzeitig tragische Produktionsgeschichte. Der Film wurde von Sergio Leone produziert – ja, DEM Sergio Leone, dem Mastermind hinter „Spiel mir das Lied vom Tod“ und der Dollar-Trilogie. Leone wollte ursprünglich eine Western-Adaption des französischen Films „Die Ausgebufften“ (Les Valseuses) machen, entschied sich aber dann für eine Heist-Story im Stil von „Der Clou“.
Leone wählte Damiano Damiani als Regisseur, weil er dessen politischen Western „El Chuncho – Töten ist sein Beruf“ (1967) bewunderte. Was Leone nicht bedachte: Damiani war brillant in ernsthaften, politischen Dramen, aber hopeless wenn es um Humor ging. Leone inszenierte selbst die Eröffnungsszene mit Klaus Kinski, um den richtigen Ton zu setzen – aber Damiani konnte diesen Ton nicht durchhalten.
Die Musik stammt von Ennio Morricone, Leones langjährigem Kollaborateur. Der Score ist grandios – ein Mix aus symphonischen Klängen, Folk-Elementen und Catherine Howes Gesang („Glory, Glory, Glory“). Morricones Musik ist oft besser als der Film selbst und hebt mehrere Szenen auf ein höheres Level.
Der gestohlene Film
Und jetzt wird’s wirklich verrückt: Das Original-Negativ des Films wurde gestohlen und nie wiedergefunden! Die Entführer verlangten Lösegeld, aber Leone weigerte sich zu zahlen. Das bedeutete, dass der Film aus Positivkopien und alternativen Takes rekonstruiert werden musste. Das erklärt, warum manche Szenen holprig wirken – man musste nehmen, was verfügbar war, nicht unbedingt das beste Material.
Gedreht wurde an drei Locations: Monument Valley und am San Juan River in Utah (die klassischen John Ford-Locations), sowie in Almería, Spanien (die Heimat des Italowesterns). Kameramann Giuseppe Ruzzolini fängt diese Landschaften atemberaubend ein – der Film sieht spectacular aus.
Budget-Zahlen wurden nie offiziell veröffentlicht, aber der Film spielte in Italien nur 790 Millionen Lire ein – ein kommerzieller Flop. Leone war so enttäuscht, dass er seinen Namen zeitweise aus den Credits entfernen wollte. Er sagte später: „Damiani ist ein ausgezeichneter Regisseur von Dramen, aber er hat keinen Humor.“ Eine vernichtende Kritik vom Meister selbst.
Behind the Scenes: Ein Film mit drei Namen
Der Film hat je nach Land unterschiedliche Titel und wurde komplett unterschiedlich vermarktet:
- Italien: „Un genio, due compari, un pollo“ – „Ein Genie, zwei Kumpane und ein Huhn/Trottel“
- Deutschland: „Nobody ist der Größte“ – um Verbindung zu „Mein Name ist Nobody“ zu suggerieren
- USA: „A Genius, Two Partners and a Dupe“ – direkte Übersetzung
- UK: „A Genius, Two Friends, and an Idiot“ – leicht abgewandelt
- Alternative Titel: „Trinity Is Back Again“ (!) – noch ein Marketing-Trick
In Deutschland wurde der Film als Quasi-Sequel zu „Mein Name ist Nobody“ verkauft, obwohl die beiden Filme außer Terence Hill nichts miteinander zu tun haben. Terence Hills Charakter heißt im Original „Joe Thanks“ – nicht Nobody. Die deutsche Synchro änderte das und nennt ihn durchgehend „Nobody“, um die Illusion einer Fortsetzung aufrechtzuerhalten. Pure Geldmacherei!
Interessant ist auch, dass Sergio Leone Giuliano Montaldo als Second Unit Director engagierte. Montaldo drehte viele der Action-Szenen, während Damiani sich auf die dramatischen Sequenzen konzentrierte. Das erklärt die Inkonsistenz im Ton – zwei verschiedene Regisseure mit zwei verschiedenen Visionen.
Die Eröffnungsszene – das Duell zwischen Terence Hill und Klaus Kinski – wurde komplett von Sergio Leone inszeniert. Man spürt sofort den Unterschied: Das Timing, die Kameraführung, die Spannung. Es ist klassischer Leone. Sobald Damiani übernimmt, ändert sich der ganze Vibe des Films.
Kultureller Einfluss: Der Film, der Leone vom Western erlöste
„Nobody ist der Größte“ markiert einen traurigen Wendepunkt in der Geschichte des Italowesterns. Nach diesem kommerziellen Flop soll Sergio Leone gesagt haben, dass er „endlich mit dem Western abgeschlossen“ habe. Leone drehte nie wieder einen Western – sein nächstes (und letztes) Projekt war „Es war einmal in Amerika“ (1984), ein Gangsterepos.
Der Film ist heute hauptsächlich für Film-Nerds interessant, die sich für die Leone-Ära interessieren. Er zeigt, dass selbst ein Dream-Team (Leone, Morricone, Hill, Kinski) scheitern kann, wenn die Balance nicht stimmt. Die größte Lektion? Ein Italowestern braucht entweder Ernst ODER Humor – aber nicht beides gleichzeitig ohne klare Richtung.
In Deutschland hatte der Film eine zweite Karriere im Fernsehen. In den 80ern und 90ern lief er regelmäßig auf privaten Sendern, oft als „Bud Spencer & Terence Hill“-Film beworben, obwohl Bud Spencer gar nicht mitspielt. Das führte zu Verwirrung und Enttäuschung bei Fans, die auf Prügelkomödie hofften und stattdessen einen ernsten Heist-Western bekamen.
Cineastisch gesehen ist „Nobody ist der Größte“ ein faszinierendes Beispiel dafür, wie ein Film trotz aller richtigen Zutaten scheitern kann. Er ist weder Fisch noch Fleisch – zu ernst für eine Komödie, zu albern für ein Drama. Aber genau das macht ihn heute zu einem interessanten Kuriosum.
Fun Facts & Hintergründe – Wusstet ihr das?
- 🎬 Gestohlenes Negativ: Das Original-Negativ des Films wurde entführt und nie wiedergefunden. Sergio Leone weigerte sich, Lösegeld zu zahlen. Der finale Film musste aus Positivkopien und alternativen Takes rekonstruiert werden – ein Albtraum für jeden Editor!
- 🎭 Klaus Kinski’s Ego: Klaus Kinski war nur für eine 30-minütige Eröffnungssequenz engagiert, verlangte aber Top-Billing im Marketing. Sein Cameo als Doc Foster ist selbstständig genug, dass man ihn als eigenständige Kurzgeschichte sehen kann.
- 🎵 Ennio Morricone’s Frust: Ennio Morricone komponierte einen epischen Score für den Film, war aber unzufrieden mit dem Endresultat. Er sagte, die Musik sei „zu gut für den Film“ – eine seltene Selbstkritik vom Maestro.
- 🎞️ Leone’s Regie-Cameo: Sergio Leone inszenierte persönlich die Eröffnungsszene mit Klaus Kinski, um den Ton vorzugeben. Man erkennt sofort seinen Stil – extreme Close-ups, lange Schweigesequenzen, perfektes Timing.
- 🇩🇪 Falsches Marketing: In Deutschland wurde der Film als Sequel zu „Mein Name ist Nobody“ vermarktet, obwohl er narrativ nichts damit zu tun hat. Der Titel „Nobody ist der Größte“ war reine Geldmacherei – im Original heißt Hills Charakter „Joe Thanks“.
- 💰 Kommerzieller Flop: Der Film spielte in Italien nur 790 Millionen Lire ein – ein Desaster im Vergleich zu früheren Leone-Produktionen. „Mein Name ist Nobody“ hatte zwei Jahre zuvor über 11 Milliarden Lire eingespielt!
- 🎥 Zwei Regisseure: Giuliano Montaldo drehte als Second Unit Director viele Action-Szenen, während Damiani die dramatischen Sequenzen übernahm. Das erklärt die Inkonsistenz im Filmton.
- 🗣️ Verlorene Wortspiele: Im englischen Original spielt der Film mit dem Namen „Joe Thanks“ – Leute fragen „No thanks?“ und er antwortet „Joe Thanks!“. Diese Wortwitze gingen in der deutschen Synchro komplett verloren.
- 🏜️ Monument Valley Adieu: Dies war einer der letzten großen Italowestern, die in Monument Valley gedreht wurden. Das Genre starb kurz darauf – „Nobody ist der Größte“ war quasi der Schwanengesang des klassischen Italowesterns.
- 🎬 Ursprüngliche Idee: Der Film sollte ursprünglich eine Western-Adaption des französischen Films „Die Ausgebufften“ (Les Valseuses, 1974) werden – ein kontroverser Film über zwei junge Kleinkriminelle. Leone entschied sich dann aber für eine „Der Clou“-inspirierte Heist-Story.
- 🇫🇷 Französische Connection: Miou-Miou war zu der Zeit in Frankreich ein Superstar und brachte europäisches Arthouse-Flair in den Italowestern. Ihre Besetzung war ein Versuch, den französischen Markt zu erobern.
- 📽️ DVD-Rekonstruktion: Die 2005 veröffentlichte DVD-Fassung fügte zuvor geschnittene Szenen wieder ein und brachte den Film auf über 126 Minuten – deutlich länger als die ursprüngliche Kinofassung mit 117 Minuten.
Meine persönliche Verbindung zu Nobody ist der Größte
Ich habe „Nobody ist der Größte“ zum ersten Mal in den 90ern auf RTL gesehen – vermutlich bei einer jener legendären Sonntagnachmittag-Western-Sessions. Damals war ich vielleicht 14 und hatte gerade die Spencer/Hill-Prügelfilme für mich entdeckt. Als der Film angekündigt wurde, freute ich mich riesig: Endlich wieder Terence Hill! Aber wo war Bud Spencer?
Die ersten 30 Minuten mit Klaus Kinski waren elektrisierend. Das Duell, die Spannung, Kinskis irrer Blick – ich war gepackt. Aber dann verschwand Kinski und der Film… verlor sich irgendwie. Es gab keine Prügeleien, keine Bohnenwitze, stattdessen eine komplizierte Betrüger-Story, die ich als Teenager nicht richtig verstand. Ich war enttäuscht.
Jahrzehnte später – mit viel mehr Filmwissen im Gepäck – habe ich „Nobody ist der Größte“ neu bewertet. Und ehrlich? Er ist immer noch kein Meisterwerk, aber ich verstehe jetzt, was Leone und Damiani versucht haben. Es ist ein ambitionierter Film, der an seinen eigenen Ansprüchen scheitert. Aber allein die Tatsache, dass Leone und Morricone beteiligt waren, macht ihn sehenswert.
Was mich heute am meisten fasziniert: Die gestohlene Negativ-Geschichte. Stellt euch vor, ihr macht einen Film mit Sergio Leone, Ennio Morricone und Klaus Kinski – und dann wird das Original-Material geklaut. Das ist Hollywood-Wahnsinn pur! Der Film, den wir heute sehen, ist quasi eine „Beta-Version“, zusammengepuzzelt aus dem, was übrig war.
Für mich ist „Nobody ist der Größte“ ein Lehrstück darüber, dass großartige Namen alleine keinen großartigen Film machen. Man braucht auch Vision, Fokus und – im Fall von Komödien – den richtigen Humor. Damiano Damiani war ein brillanter Thriller-Regisseur, aber für Italowestern-Komödien einfach die falsche Wahl.
Häufige Fragen zu Nobody ist der Größte
Wie lange geht Nobody ist der Größte?
Die Kinofassung von 1975 läuft 117 Minuten. Die spätere DVD-Rekonstruktion von 2005 ist mit 126 Minuten etwas länger, da zuvor geschnittene Szenen wieder eingefügt wurden. Trotz der längeren Laufzeit wirkt der Film stellenweise zäh – die Heist-Story ist komplex und braucht Zeit zum Aufbau.
Ab welchem Alter ist Nobody ist der Größte geeignet?
Der Film hat FSK 12 in Deutschland. Es gibt Western-typische Gewalt (Schießereien, ein Duell), aber nichts Explizites. Keine Prügelszenen wie in den Spencer/Hill-Komödien. Für Kinder unter 12 könnte die komplexe Handlung ohnehin zu verwirrend sein – der Film richtet sich klar an erwachsene Zuschauer.
Ist Nobody ist der Größte eine Fortsetzung von Mein Name ist Nobody?
Nein! Das ist reines Marketing-Geplänkel. Die beiden Filme haben außer Terence Hill nichts miteinander zu tun. Im Original heißt Hills Charakter „Joe Thanks“, nicht „Nobody“. Die deutsche Synchro änderte das bewusst, um eine nicht-existente Verbindung zu suggerieren. Narrativ sind die Filme komplett unabhängig voneinander.
Wo kann ich Nobody ist der Größte streamen?
Der Film ist aktuell auf verschiedenen Streaming-Plattformen verfügbar, allerdings wechselt das Angebot regelmäßig. Am besten über unsere Streaming-Verfügbarkeit weiter unten checken. Es gibt auch DVD- und Blu-ray-Releases, teilweise mit restauriertem Bild und Bonusmaterial zur chaotischen Produktionsgeschichte.
Spielen Bud Spencer und Terence Hill in dem Film?
Nein, nur Terence Hill! Bud Spencer ist nicht dabei. Das ist einer der größten Irrtümer bei diesem Film. In Deutschland wurde er oft als „Spencer/Hill-Film“ beworben, aber es ist ein reiner Terence Hill Solo-Western. Die fehlende Chemie zwischen Hill und seinem neuen Partner Robert Charlebois ist deutlich spürbar.
Warum ist der Film gefloppt?
Mehrere Gründe: 1) Fehlende Balance zwischen Drama und Komödie – Regisseur Damiano Damiani hatte laut Sergio Leone „keinen Humor“. 2) Die komplexe Heist-Story war zu kompliziert für Italowestern-Standards. 3) Terence Hill ohne Bud Spencer funktionierte nicht so gut wie erhofft. 4) Das gestohlene Original-Negativ führte zu einer minderwertigen finalen Schnittfassung. 5) Das Genre Italowestern war 1975 bereits im Niedergang begriffen. Mit nur 790 Millionen Lire Einspielergebnis war der Film ein kommerzielles Desaster.
Wie gut ist der Ennio Morricone Score?
Absolut grandios! Ennio Morricones Musik ist eines der besten Dinge am Film. Der Score kombiniert symphonische Western-Klänge mit Catherine Howes Gesang („Glory, Glory, Glory“) und Folk-Elementen. Morricone selbst war allerdings unzufrieden und meinte, die Musik sei „zu gut für den Film“ – eine seltene Selbstkritik vom Maestro. Der Soundtrack ist definitiv hörenswert, auch wenn man den Film selbst nur mäßig findet.
Stärken & Schwächen von Nobody ist der Größte
✅ Stärken
- Ennio Morricones grandioser Score – einer seiner besten Western-Soundtracks
- Klaus Kinskis elektrisierender 30-Minuten-Cameo als Doc Foster
- Atemberaubende Kameraarbeit in Monument Valley und am San Juan River
- Sergio Leones meisterlich inszenierte Eröffnungssequenz
- Patrick McGoohan als charismatischer, bedrohlicher Bösewicht
- Ambitioniertes Konzept – ein intellektueller Heist-Western
- Terence Hills Versuch, sich von der Spencer/Hill-Formel zu lösen
- Interessante Produktionsgeschichte (gestohlenes Negativ!)
❌ Schwächen
- Keine klare Tonalität – weder richtige Komödie noch ernstes Drama
- Damiano Damiani fehlt das Timing für humorvolle Western (laut Leone)
- Zu komplexe, verwirrende Heist-Handlung für Italowestern-Standards
- Klaus Kinski verschwindet nach 30 Minuten – riesige Enttäuschung
- Fehlende Chemie zwischen Terence Hill und Robert Charlebois
- Aufgesetzte Liebesgeschichte zwischen Hill und Miou-Miou
- Inkonsistente Inszenierung (Leone vs. Damiani vs. Montaldo)
- Falsches Marketing als „Nobody“-Sequel führte zu Zuschauerverwirrung
Mein Take: „Nobody ist der Größte“ ist ein Film mit großartigen Einzelteilen, der aber nie zu einem kohärenten Ganzen zusammenfindet. Die ersten 30 Minuten mit Klaus Kinski sind Weltklasse. Danach verliert sich der Film in einer zu komplexen Handlung, die weder richtig spannend noch witzig ist. Damiano Damianis humorlose Regie tötet jeden komödiantischen Moment. Sergio Leone hatte recht: Damiani war brillant in politischen Dramen, aber für Western-Komödien die falsche Wahl. Der Film ist sehenswert für Leone/Morricone/Kinski-Fans, aber kein Klassiker. Eine ambitionierte 6.5/10.
Ähnliche Filme für Nobody ist der Größte-Fans
| Film | Jahr | Rating | Ähnlichkeit |
|---|---|---|---|
| Mein Name ist Nobody | 1973 | ⭐ 8.2/10 | Der Film, mit dem „Nobody ist der Größte“ verwechselt wird. Terence Hill mit Henry Fonda, produziert von Leone. Deutlich besser! |
| Der Clou | 1973 | ⭐ 8.8/10 | Die Heist-Movie-Inspiration für „Nobody ist der Größte“. Paul Newman und Robert Redford machen vor, wie man’s richtig macht. |
| El Chuncho – Töten ist sein Beruf | 1967 | ⭐ 7.5/10 | Damiano Damianis bester Western – politisch, ernst, ohne Humor. Zeigt, was Damiani wirklich kann (und was nicht). |
| Die glorreichen Sieben | 1972 | ⭐ 7.0/10 | Italienischer Komödie-Western mit Bud Spencer (ohne Terence Hill!). Zeigt, wie schwer es ist, diese Art von Film ohne das perfekte Duo zu machen. |
Mein Fazit zu Nobody ist der Größte
„Nobody ist der Größte“ ist ein faszinierender Fehltritt – ein Film, der auf dem Papier perfekt sein sollte, aber in der Ausführung scheitert. Sergio Leone als Produzent, Ennio Morricone am Klavier, Terence Hill als Hauptdarsteller, Klaus Kinski in einer Gastrolle, gedreht in Monument Valley. Wie kann das schiefgehen?
Ganz einfach: Indem man den falschen Regisseur wählt. Damiano Damiani ist ein brillanter Filmemacher – seine politischen Thriller sind Meisterwerke. Aber Italowestern-Komödien? Absolut nicht sein Terrain. Leone selbst sagte es am besten: „Damiani hat keinen Humor.“ Und genau das ist das Kernproblem des Films.
„Nobody ist der Größte“ will gleichzeitig ein cleverer Heist-Movie sein (wie „Der Clou“), eine leichtfüßige Western-Komödie (wie „Mein Name ist Nobody“), und ein ernstes Statement über Rassismus und Kolonialismus. Das Drehbuch jongliert mit zu vielen Bällen und lässt alle fallen. Das Resultat? Ein Film, der weder witzig noch spannend noch besonders tiefgründig ist.
Die größte Enttäuschung: Klaus Kinski. Seine ersten 30 Minuten sind elektrisierend – man sieht ihm die Gefahr in jedem Blick an. Das Duell mit Terence Hill (inszeniert von Leone selbst) ist Weltklasse. Und dann… verschwindet Kinski für den Rest des Films. Einfach weg. Das ist, als würde man Al Pacino für die ersten 20 Minuten von „Der Pate“ casten und ihn dann durch einen Statisten ersetzen.
Trotz aller Schwächen hat der Film Momente der Brillanz. Ennio Morricones Score ist grandios – einer seiner besten Western-Soundtracks. Die Kameraarbeit in Monument Valley ist atemberaubend. Patrick McGoohan ist ein charismatischer Bösewicht. Und die Geschichte des gestohlenen Negativ gibt dem Film einen legendären Status in der Filmgeschichte.
Für wen ist „Nobody ist der Größte“? Definitiv für Film-Nerds, die sich für Sergio Leones gesamtes Schaffen interessieren. Für Italowestern-Sammler, die auch die Kuriositäten kennen wollen. Für Klaus Kinski-Fans, die jede seiner Performances sehen müssen (auch wenn es nur 30 Minuten sind). Für Morricone-Liebhaber, die seinen Score schätzen werden, selbst wenn der Film schwächelt.
Aber wenn ihr einen klassischen Spencer/Hill-Prügelwestern erwartet – lasst die Finger davon. Trotz des irreführenden deutschen Titels ist dies kein „Nobody“-Sequel. Es ist ein ambitionierter, fehlgeleiteter Versuch, den Italowestern neu zu erfinden. Ein interessantes Scheitern, aber eben ein Scheitern.
6.5/10 – Sehenswert für die Produktionsgeschichte, den Morricone-Score und Klaus Kinskis kurzen, aber intensiven Auftritt. Aber kein Film, den ich regelmäßig wiedersehen würde.
Tribun
Ein ambitionierter Italowestern, der an seinen eigenen Ansprüchen scheitert. Zu komplexe Heist-Story, fehlende Balance zwischen Komödie und Drama, und Regisseur Damiano Damiani fehlt laut Leone selbst 'jeder Humor'. Die ersten 30 Minuten mit Klaus Kinski sind Weltklasse, danach verliert der Film seinen Fokus. Ennio Morricones Score und die Monument Valley Kulissen sind grandios. Terence Hill ohne Bud Spencer funktioniert okay, aber die Chemie fehlt. Das gestohlene Original-Negativ machte eine perfekte Version unmöglich. Interessantes Kuriosum der Filmgeschichte, aber kein Klassiker.
⚡ Zuletzt aktualisiert: 24. Oktober 2025
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1 Kommentar
Ich mag die beiden Nobody Filme. Terence Hills beste Einzelleistungen!